Regen für Saladin. Klimageschichte und die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge fielen in eine Periode durchaus wechselhafter klimatischer Bedingungen in Europa und im Nahen Osten, die in die historische Analyse der kriegerischen Ereignisse einbezogen werden müssen.

 

Die mittelalterliche Warmzeit und ein Jahrzehnt der Krise in Westeuropa

Eine Rekonstruktion der generellen Temperaturtrends auf der nördlichen Hemisphäre für die letzten 2000 Jahre zeigt, dass auf eine seit ca. 300 v. Chr. anhaltende relative Warmzeit (das sogenannte „Römische Klima-Optimum“, das wohl auch die Expansion des Imperium Romanum begünstigte) ab dem 3./4. Jh. und insbesondere 6. Jh. n. Chr. eine Abkühlung folgte, die zusammen mit den Umwälzungen der „Völkerwanderungszeit“ und auch der ab 541 im Mittelmeerraum ausbrechenden, in insgesamt 18 Wellen bis 750 wiederkehrenden Beulenpestpandemie zu einem demographischen Rückgang beitrug. Ab dem 9. Jh. trat wieder eine Warmperiode ein, das sogenannte „Mittelalterliches Klimaoptimum“, wie es ein weiterer Pionier der Klimageschichtsforschung, H. H. Lamb, in den 1960er Jahren nannte; diese Jahrhunderte bis ins 14. Jh. waren in West-, Mittel- und Nordeuropa von wärmeren Bedingungen mit weniger strengen Wintern geprägt. Bekannte Nutznießer dieser Warmzeit waren u. a. die Wikinger, deren Besiedelung Islands und insbesondere Grönlands dadurch begünstigt wurde. Von England bis Zentraleuropa lässt sich ein Bevölkerungsanstieg und eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutz- und der Siedlungsflächen sowie der Anzahl der Stadtgründungen beobachten, die sogenannte „zweite Phase des Landesausbaus im europäischen Kontext“ ab dem 10. Jh. Dass dabei „Kolonisierung“ durchaus mit militärischer Expansion in die Peripherien der „lateinischen Welt“, aber auch in muslimisch beherrschte Gebiete wie auf der Iberischen Halbinsel oder auf Sizilien, einherging, wurde schon früh beobachtet und von Richard Bartlett in seinem Buch „Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt“ meisterhaft in einer Synthese zusammengefasst. Es wuchs nicht nur die Zahl der Bevölkerung insgesamt, sondern auch jene der Nobilität, sodass ein Überschuss an nicht erbberechtigtem Nachwuchs des Adels, so Bartlett, auf den Plan trat. Dass dieses Wachstum des „Humanpotentials“ der lateinischen Christenheit auch ein großangelegtes Kriegs- und Wanderungsphänomen wie den Ersten Kreuzzug begünstigte, wurde ebenfalls schon mehrfach vermutet.

Abb: Der rekonstruierte Verlauf der durchschnittlichen Wintertemperatur in der nördlichen Hemisphäre in den Jahren 200 bis 2000 n. Chr. im Vergleich mit der durchschnittlichen Wintertemperatur in den Jahren 1960-1990 (= 0): der Klimaverlauf vom „Römischen Klima-Optimum“ zur spätantiken Abkühlung zum „Mittelalterlichen Klimaoptimum“ (ca. 800-1200) und schließlich zur „Kleinen Eiszeit“ wird deutlich (nach: Rivista di Storia Economica 21/3 [2005])

Manche Forscher weisen dabei aber auch auf Anzeichen einer großen Versorgungskrise hin, die aufgrund mehrerer Jahre ungünstiger Witterung in den 1090er Jahren West- und Mitteleuropa erfasste und durch die höheren Bevölkerungsdichten noch stärker wirken musste als in früheren Jahrhunderten. Zuletzt wurden diese Befunde von Philip Slavin in seinem Beitrag „Crusaders in Crisis“ zusammengefasst; er sammelte eine Menge von Belegen für Dürre, Hungersnot und Seuchen in Frankreich, dem Rheingebiet und Deutschland (aber z. B. auch in Russland) in den Jahren 1093-1095 und die damit verbundenen sozialen Unruhen und Ausschreitungen. Insbesondere für breitere Massen der Bevölkerung, die sich dann dem sogenannten „Armenkreuzzug“ anschlossen, der noch vor den Armeen der Hochadeligen in Kleinasien eintraf, dort aber vernichtet wurde, musste die Aussicht nicht nur auf einen Ablass der Sünden, sondern auf ein „Land, wo Milch und Honig fließen“, wie es in der Bibel über das Heilige Land hieß, besonders anziehend wirken. Dieser klimatische Aspekt der Entstehung der Kreuzzugsbewegung wird bislang nicht allgemein anerkannt (wiewohl er keineswegs andere Aspekte aus dem Bündel an Hintergründen für den Kreuzzug verdrängen soll), aber weitere Forschung kann hier neue interessante Ergebnisse bringen.

Abb.: Der vom „Mittelalterlichen Klimaoptimum“ in Mittel- und Westeuropa begünstigte Landesausbau: die Rodung des Waldes und Gründung eines neuen Dorfes, Szene aus dem Heidelberger Sachsenspiegel um 1300 (www.wikipedia.com)

 

Das Klima im mittelalterlichen Nahen Osten

Anders als in Westeuropa waren im Nahen Osten nicht nur die naturräumlichen Bedingungen, sondern auch die Klimaentwicklung in diesen Jahrhunderten. Wird der Nahen Osten auch meist mit dem Begriff der Wüste verknüpft, so zeigt er sich tatsächlich sehr vielgestaltig; dennoch war und ist die Versorgung von Mensch, Vieh und Ackerbau mit Wasser in vielen Regionen ein wesentliches Problem. Dies gilt auch für die Zone des Mittelmeerklimas, das durch warme, trockene Sommer und warme, niederschlagsreichere Winter gekennzeichnet ist. Ein Kriterium für die Bestimmung dieser Zone ist die „Ölbaumgrenze“, also der Gebiete der Kultivierung des Olivenbaums; sie umfasst im Nahen Osten die westlichen und südlichen Küstengebiete Kleinasiens, Syrien bis jenseits des Euphrat, den Libanon und die Küsten Palästinas sowie die Kyrenaika in Libyen (bis ins 7. Jh. allesamt Provinzen des Byzantinischen Reiches).

Abb.: Die gegenwärtigen Niederschlagsverhältnisse in Syrien, Palästina und Kleinasien (Isohyeten = Linien gleicher Jahresniederschlagsmengen; die Grenze für Ackerbau ohne künstliche Bewässerung liegt bei 300-400 mm) (nach: W. Nützel, Einführung in die Geo-Archäologie des Vorderen Orients, Wiesbaden 2004, 4)

 

Südlich von Kleinasien werden die Gebiete anschließend an die Zone mediterraner Vegetation durch das Wüstenklima bestimmt; sein Hauptkennzeichen ist die Aridität, d. h. die Verluste durch Verdunstung sind größer als die Summe der Niederschläge. Wo es keine Oasen gibt oder die Bewässerung durch Flusssysteme wie Euphrat und Tigris in Mesopotamien oder den Nil in Ägypten gewährleistet wird, ist Landwirtschaft nur durch künstliche Bewässerung möglich. Dazu entwickelten die Menschen in der Region schon früh aufwendige Anlagen wie die Qanate, horizontale, durch das Gestein getriebene Kanäle, die Trink- und Nutzwasser aus Bergregionen den bewohnten und bebauten Gebieten zuführen; diese Technik wurde zuerst im Iran entwickelt und verbreitete sich dann, auch im Gefolge der arabischen Eroberung, über die gesamte islamische Welt bis nach Spanien. Aber auch in Mesopotamien und Ägypten waren der Bau und ständige Erhalt aufwendiger Kanalanlagen notwendig, um die Bewässerung möglichst großer Flächen zu gewährleisten. Dann aber konnten diese Gebiete reichhaltige Erträge liefern; Ägypten diente für Rom und bis zur arabischen Eroberung auch für Konstantinopel als Getreidelieferant.

Die Randzonen zwischen bebauten Gebieten und Wüste bzw. Steppe wurden von viehzüchtenden Nomaden genutzt; zwischen Ackerbauern und Nomaden konnte sich eine durchaus nutzbringende Symbiose entwickeln, doch ergaben sich auch Konflikte, etwa um die Nutzung von Wasserquellen. Die Geschichte des Nahen Ostens wird mehrfach durch das gewaltsame Vordringen nomadischer Gruppen in die landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiete, sei es aus der arabischen Wüste (arabische Expansion im 7. Jh.), sei es aus Zentralasien (Turkmenen im 11. Jh., Mongolen im 13. Jh.) bestimmt, zu dem nicht zuletzt auch klimatische Veränderungen beitrugen.

Das Wetter des Nahen Ostens wird durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Hoch- und Tiefdruckgebiete bestimmt, vom Islandtief und Azorenhoch im Westen (deren Unterschiede in der Nordatlantikoszillation, NAO, gemessen werden), über das Sibirien-Hoch im Osten, das bei stärkerer Ausprägung kalte Luft bis an das östliche Mittelmeer bringt, bis zu den Subtropischen Hochdruckgebieten, die von Süden her auf den Nahen Osten wirken und auch mit den Strömungssystemen der südlichen Hemisphäre und deren Oszillationen, etwa der berühmt-berüchtigten El Niño-Oszillation (ENSO) zusammenhängen.

Deshalb ergeben Messungen auf der Grundlage von Proxydaten aus verschiedenen Orten der Region als auch Auswertungen schriftlicher Quellen z. T. signifikante Abweichungen vom oben skizzierten globalen Trend oder der zur selben Zeit zu beobachtenden Entwicklung in Westeuropa. Pollenanalysen aus Jableh an der syrischen Küste sowie des Seespiegels des Toten Meeres etwa lassen für Syrien und Palästina auf eine relativ trockene Periode zwischen 600 und 1000 n. Chr., also der Zeit der arabischen Expansion und Herrschaft schließen, wobei das 10. Jh. (die Zeit byzantinischer Expansion in Nordsyrien) besonders trocken ausfiel.

Abb.: Spuren ehemaliger Bewässerungsterrassen aus römischer und byzantinischer Zeit in der Negev-Wüste (www.wikipedia.com)

 

Eine wertvolle klimageschichtliche Quelle sind auch die bis ins 7. Jh. n. Chr. zurückreichenden Aufzeichnungen über den Hoch- und Niederstand der von den Regenfällen in den Quellgebieten in Äthiopien und in Äquatorialafrika abhängigen Nilflut, die den Ertrag der Ernte in Ägypten ganz wesentlich beeinflusste, wobei sowohl zu niedrige als auch zu hohe Flutereignisse verheerende Folgen haben konnten. Während die Schwankungen zwischen Jahrzehnten mit meist hohen und solche mit meist niedrigen Fluten zwischen 700 und 930 relativ moderat ausfielen, folgte zwischen 930 und 1070 eine Periode überdurchschnittlich niedriger Nilfluten, darunter eine Reihe katastrophaler Niedrigfluten in den 950er und 960er Jahren, die zu sozialen Unruhen in Ägypten beitruge und damit vielleicht die Machtübernahme durch die aus Nordafrika kommenden Fatimiden begünstigte. Für Mesopotamien sowie für Anatolien und Armenien zeigen Quellen und Proxydaten für die erste Hälfte des 10. Jh.s eine Reihe besonders kalter und feuchter, mit Schneefall bis hin nach Bagdad verbundener Winter an, die ebenfalls zu Hungersnöten führten. Einen solchen Extremwinter belegen die byzantinischen Quellen etwa für das Jahr 927/928; der Historiker Ioannes Skylitzes schreibt: „In diesem Jahr gab es einen unerträglichen Winter mit dem Ergebnis, dass der Boden 120 Tage lang gefroren war. Eine große Hungersnot, die jene der Vergangenheit übertraf, folgte auf diesen Winter. Der Verlust an Leben war so groß, dass die Lebenden die Toten nicht begraben konnten.“

In der zweiten Hälfte des 10. Jh. stabilisierten sich die Witterungsverhältnisse im Nahen Osten, um aber im 11. Jh. von einer noch dramatischeren Periode der Kälte, aber auch der Dürre abgelöst zu werden, deren dramatischen demographischen und politischen Folgen Richard W. Bulliet schon 2009 und zuletzt der in Jerusalem lehrende historische Geograph Ronnie Ellenblum in seinem Buch „The Collapse of the Eastern Mediterranean“ (2012) zusammengefasst und gedeutet hat. Für dieser Jahrzehnte werden in der Chronik des Ibn al-Jawzi erneut mehrere Winter mit Schnee und Frost für Bagdad beschrieben; zum Winter 1026/1027 heißt es etwa: „In diesem Jahr gab es von November bis Jänner durchgehend eine Kälte, wie sie niemand zuvor gekannt hatte. Das Wasser fror ganz fest in dieser Zeit, einschließlich der Ufer des Tigris und der weiten Kanäle. Die Wasserräder und kleineren Kanäle waren gänzlich zugefroren. Die Menschen litten unter dieser strengen Kälte, und viele wurden dadurch gehindert, irgendetwas zu tun oder herumzureisen.“ (Übers. Bulliet)

Abb.: Rekonstruktion der der Temperatur- und Niederschlagbedingungen im Nahen Osten im 11. Jh. aufgrund verschiedener naturwissenschaftlicher Proxydaten (aus: Preiser-Kapeller, A Collapse of the Eastern Mediterranean?)

 

Bulliet und Ellenblum bringen diesen „Big Chill“ überzeugend mit der Migration turkmenischer Nomadenverbände unter der Führung des Clans der Seldschuken aus dem besonders stark betroffenen Zentralasien in die Grenzgebiete zum Iran in den ersten Jahrzehnten des 11. Jh.s in Verbindung. Während mehrere Staaten des Nahen Ostens aufgrund der wiederkehrenden Extremereignisse und Hungersnöte sowie damit einhergehender sozialer Unruhen geschwächte waren, so das Szenario von Ellenblum, herrschte auch in den zentralasiatischen Steppen eine anormale Kältewelle vor (sie wird auch durch Proxydaten belegt). Sie schädigte, das dokumentieren verschiedene Schriftquellen, die Herden der Nomadenstämme, was zu Kämpfen zwischen verschiedenen Stämmen und zu einer steigenden, in die südlichen Regionen gerichteten Mobilität verschiedener Verbände führte.

Abb.: Die Stadt Safed nordwestlich des Sees Genezareth während eines winterlichen Schneefalls (www.wikipedia.com)

 

Dadurch wurde letztlich die politische Landkarte des Nahen Ostens gewaltig verändern, da die Seldschuken sowohl in Persien als auch in Mesopotamien und Syrien die Macht erringen konnten. 1071 erstritten sie einen Sieg über die Byzantiner in der Schlacht bei Mantzikert (nördlich des Vansees in Ostanatolien), der eine Migration nach und Staatsgründungen in Anatolien folgten. Derart bedrängt, wandten sich byzantinische Kaiser mit der Bitte um Waffenhilfe (in der Hoffnung auf westliche Söldner, nicht aber auf einen Kreuzzug) an den Papst; diese Appelle wurden gemeinsam mit anderen Nachrichten über die Not der Christen aufgrund der seldschukischen Invasion zum Anlass des Kreuzzugsaufrufes des Papstes. Dass der Erste Kreuzzug dann in einer durch die vorangegangenen politischen und klimatischen Wechselfälle des 11. Jh.s stark destabilisierte und geschwächte nahöstliche Staatenwelt vorstoßen konnten, mag zu seinem Erfolg nicht unwesentlich beigetragen haben. Die Kreuzfahrer gelangten damit in den Besitz eines Landes, dessen Zustand aufgrund der jüngsten, aber auch früheren Umwälzungen nur wenig den durch die Bibel genährten paradiesischen Vorstellungen entsprach. Jedoch war die Zeit zwischen 1100 und 1250, also der Etablierung der Kreuzfahrer, wie Pollenanalysen und Rekonstruktionen des Seespiegels des Toten Meeres zeigen, im Vergleich zu den Jahrhunderten davor von feuchteren Witterungsverhältnissen gekennzeichnet; den Neusiedlern aus Europa war also so wie in ihrer alten Heimat zeitweilig ein recht günstiges Klima vergönnt. Unterbrochen wurde diese Periode allerdings erneut durch ausgesprochene Kälteperioden in der Zeit um 1085/1095 (also kurz vor der Ankunft der Kreuzfahrer), um 1145 und um 1240/1260. Mit diesen Bedingungen hatten auch die doch Zehntausenden Siedler aus Europa zurecht zu kommen, die neben den Städten verschiedene Dörfer vor allem um Jerusalem sowie in jenen Gebieten besiedelten, wo schon vor dem Ersten Kreuzzug eine christliche Mehrheitsbevölkerung bestand. Im Austausch mit den einheimischen Bauern mussten sie lernen, trotz der oft extremen Niederschlags- und Temperaturverhältnisse ausreichend Erträge zu bewirtschaften. Ein Ende bereitete dieser Siedlungstätigkeit dann aber nicht das Klima, sondern die militärischen Niederlagen der Kreuzfahrer ab dem Ende des 12. Jh.s.

Abb.: Die Höhen von Hattin, Ort der entscheidenden Schlacht zwischen Salah ad-Din und den Kreuzfahrern im Juli 1187 (www.wikipedia.com)

 

Das Ende der Kreuzzüge und der Beginn der Kleinen Eiszeit

Zwischen 1070 und 1180 fielen auch die Nilfluten im Durchschnitt sehr hoch aus, allerdings zeitweilig zu hoch mit katastrophalen Auswirkungen wie etwa in den 1160er Jahren – diesmal wohl zum Nachteil der Fatimidendynastie, deren Herrschaft in Ägypten 1171 von Salah ad-Din abgelöst wurde. Ab dem Ende des 13. Jh.s zeigen dann alle Indikatoren sowohl sinkende Temperaturen als auch sinkende Niederschläge für Syrien und Palästina an; die Kreuzfahrerherrschaften waren zu diesem Zeitpunkt aber schon von den seit 1250 in Ägypten und Syrien herrschenden Mamluken zerschlagen geworden, 1291 fiel Akkon als letzte Stadt. 

Abb.: Die Übergang von feuchteren zu trockeneren Bedingungen am Ende des 12. Jh.s in den Kohlenstoffisotopendaten der Sofular-Tropfsteinhöhle in der Nordwest-Türkei (aus: Preiser-Kapeller, A Collapse of the Eastern Mediterranean?)

 

Die als „Mittelalterliches Klima-Optimum“, für den Nahen Osten aber, wie wir gesehen haben, gar nicht so optimal verlaufende relative Warmzeit endete auch global auf der nördlichen Hemisphäre mit dem 14. Jh., das neben einer mit solchen Übergangsperioden verbundenen Häufungen von Extremereignissen erneut wie das 6. Jh. durch eine verheerende, ebenfalls Jahrhunderte wiederkehrende Pestpandemie (den „Schwarzen Tod“) gekennzeichnet war. Eine bis ins 19. Jh. andauernde relative Kälteperiode, die „Kleine Eiszeit“, bestimmte das Klimageschehen. Die „Krise des Spätmittelalters“ machten auch alle Pläne zunichte, durch neuerliche Kreuzzüge das Heilige Land für die Christenheit zurückzugewinnen, die immer wieder in theoretischen Traktaten und päpstlichen Aufrufen gewälzt wurden. Weder beim Volk noch bei den Herrschern Europas stießen diese Appelle auf ein mit dem 11. oder 12. Jh. vergleichbares Echo – das „Klima der Kreuzzüge“ war in jeder Hinsicht vorbei.

Abb.: Schneefall in Jerusalem im Dezember 2013.

 

Autor: Johannes Preiser-Kapeller, ÖAW – RGZM (Johannes.Preiser-Kapeller@oeaw.ac.at)

 

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